An den Oberbürgermeister
der Stadt
Heilbronn
*23.022 Erpressung nach
§ 253 StGB
Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister,
laut Ihrer eigenen Pressemitteilung vom
24.2.2023 kam es am Freitag, 24. März zu einem
Gespräch zwischen Ihnen und drei Vertretern der "Letzten Generation" im
Rathaus Heilbronn.
Im Vorfeld verlangten die
selbsternannten Klimaaktivisten unmittelbar nach ihrer Verurteilung zu
zwei und drei Monaten Gefängnis und zu Geldstrafen: „Wir richten auf
lokaler Ebene die Forderung an die lokalen Bürgermeister und
Bürgermeisterinnen und sagen: Wenn ihr unsere Forderungen in einem Brief
an die Bundesregierung öffentlich unterstützt, dann hören wir in dieser
Stadt auf zu protestieren. Das Angebot gilt auch für Heilbronn oder
Mannheim.“
Laut
Echo24 würde einer der Aktivisten, Daniel E., dennoch weitermachen,
"bis die Bundesregierung adäquat reagiert – dann aber in anderen
Städten. 'In den Städten, in denen wir einen Deal haben, protestieren
wir nicht mehr'."
Sie erklärten demnach zwar mehrfach, sich „nicht erpressen“ lassen zu
wollen, aber es gibt bisher keinen Hinweis darauf, daß dieses
Offizialdelikt (§ 253 Strafgesetzbuch, StGB) durch die
Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von
Amts wegen verfolgt wird, obwohl die angedrohten Schädigungen nicht
zuletzt für die Bürger der Stadt infolge mehrerer bisher vorliegenden
entsprechenden - auch juristisch verfolgten und geahndeten - Straftaten
ernst zu nehmen sind und keinesfalls in die Kategorie "Kavaliersdelikt"
oder "klammheimliche Duldung durch sympathisierende Amtsträger"
einzuordnen sind.Dazu
wird um Beantwortung folgender Fragen gebeten:
1. Welche Stellungnahme gibt die
Stadtverwaltung dazu ab;
2. wurde von Seiten der Stadtverwaltung
Strafanzeige gestellt;
2.1 wenn NEIN, weshalb nicht;
2.1.1 liegt dadurch eine
Amtspflichtverletzung durch Unterlassung bzw. Duldung vor;
3. wie wird sich
die Stadtverwaltung künftig in solchen Fällen verhalten?
Im Rahmen einer nachhaltigen und
sparsamen Haushaltsführung und einer umweltfreundlichen Reduzierung des
Papierverbrauchs bitten wir um Abhilfe, Stellungnahme und Rückantwort
per zeit- und kostensparenden einfachem eMail.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
AfD-Fraktion:
Dr. Raphael Benner | Franziska
Gminder MdB aD| Michael Seher |
Alfred Dagenbach
MdL aD| Holm Plieninger
#
= Datenschutz: Nur im Original
<*>
Ihre im Betreff genannte Anfrage beantworten wir wie folgt:
Zwar wird der Begriff "Erpressung" im allgemeinen Sprachgebrauch auch so
verstanden, dass jemand mit einer Drohung den Bedrohten zu einer
bestimmten Handlung zwingen möchte.
Dies entspricht aber nicht der
Rechtslage.
Eine Erpressung im Sinne des § 253 Strafgesetzbuch setzt voraus, dass
der Erpresser durch Gewalt oder Androhung eines empfindlichen Übels in
der Absicht sich oder einen anderen zu bereichern eine
Verrnögensverfügung herbeiführt.
Im Rechtssinn setzt die Erpressung also immer voraus, dass der Erpresser
einen wirtschaftlichen Vorteil erlangen will.
Eine solche Bereicherungsabsicht ist
beim vorliegenden Sachverhalt nicht ersichtlich.
Mangels des Vorliegens des Tatbestands wurde keine Strafanzeige wegen
(versuchter) Erpressung gestellt.
Im Übrigen besteht auch keine allgemeine Pflicht für Amtsträger
Straftaten anzuzeigen, mit Ausnahme von Beamten des Polizeidienstes (§
163 Strafprozessordnung) und bei Steuerstraftaten (§ Abgabenordnung).
Eine Amtspflichtverletzung liegt
nicht vor.
ennoch werden Straftaten
zulasten der Stadt bei Bekanntwerden in der Regel angezeigt und
Strafantrag gestellt.
Dies wird auch in Zukunft so
gehandhabt.
Im Auftrag
Sebastian Zickler
Rechtsamt
Replik
Sehr geehrter Herr
Zickler,
vielen Dank
für die im Auftrag erfolgte Beantwortung meiner Anfrage
Erpressung nach § 253 StGB
vom 2.4.2023, mit der ich allerdings nicht ganz konform gehen kann.
Zum Einen
erklärte ausweislich
Echo24 Oberbürgermeister
Mergel selbst mehrfach, sich „nicht erpressen“ lassen zu wollen.
Zum Anderen
schränkt § 253 StGB (Erpressung) den Straftatbestand n.m.A.
keinesfalls auf den von Ihnen dargelegten materiellen Sachverhalt
(z.B. Geldvorteil) ein, sondern betont schon die Nötigung "mit
Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer
Handlung, Duldung oder Unterlassung" als Voraussetzung um "dadurch
dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um
sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern".
Daß dem
Vermögen "eines anderen", nämlich u.a. der Bürger, die durch die
angewandte und angedrohte Gewalt einen Verdienstausfall oder sogar
körperliche Versehrtheit erleiden und sich die Erpresser dadurch
einen zunächst immateriellen Vorteil in Geldes Wert verschaffen,
bleibt wohl unbeachtet.
Zudem ist die
Tat allein schon deshalb rechtswidrig, da sowohl die Anwendung der
Gewalt oder schon "die Androhung des Übels zu dem angestrebten
Zweck" als verwerflich anzusehen ist und bereits der Versuch
strafbar ist.
Im Übrigen
reicht n.m.M. allein schon die Bedrohung nach § 241
StGB aus, daß die Bürger von Ihrer
Seite aktiv zu werden erwarten können.
Mit freundlichen Grüßen
Alfred Dagenbach
Stadtrat
30.4.2023
Erneute Antwort
<*>
wie bereits mitgeteilt, wird „sich erpressen lassen“ in
der Umgangssprache oft untechnisch und unabhängig vom juristischen
Tatbestand der Erpressung benutzt.
Die Erpressung im Sinne des § 253 StGB hat eine Reihe von
Tatbestandsmerkmalen, die kumulativ alle erfüllt sein müssen. Dazu
gehört neben der Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel
auch ein Vermögensnachteil und die Bereicherungsabsicht. Eine
„Betonung“ eines dieser Tatbestandsmerkmale sieht das Strafrecht
nicht vor.
Um den Tatbestand zu erfüllen, müsste es folglich das Ziel der
„Letzten Generation“ sein, dass die Stadt einen Vermögensnachteil
erleidet. Die erstrebte Zusage bzw. Erklärung ist kein
Vermögensnachteil. Immaterielle Nachteile sind vom Tatbestand nicht
umfasst. Gleiches gilt für die Absicht sich zu bereichern. Auch hier
sind immaterielle Vorteile nicht umfasst. Diese Tatbestandsmerkmale
liegen folglich nicht vor. Auch eine Versuchsstrafbarkeit würde
voraussetzen, dass die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale
beabsichtigt wäre.
Bzgl. der Strafbarkeit wegen Bedrohung im Sinne des § 241 StGB ist
der Tatbestand ebenfalls nicht erfüllt. Dieser setzt eine Drohung
gegenüber einem Menschen voraus, gegen diesen selbst oder eine
diesem Menschen nahestehende Person eine bestimmte rechtswidrige Tat
bzw. Straftat zu begehen. Als taugliches Tatobjekt kommt nur der
Oberbürgermeister in Betracht.
Bei der Ankündigung in Heilbronn erneut durch Klebeaktionen den
Verkehr zu behindern, handelt es sich weder um eine Tat gegen die
sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die
persönliche Freiheit des Oberbürgermeisters oder einer ihm
nahestehenden Person oder gegen eine Sache des Oberbürgermeisters
oder einer ihm nahestehenden Person von bedeutendem Wert (§ 241 Abs.
1) noch um ein Verbrechen (§ 241 Abs. 2).
Auch insoweit kommt eine Strafanzeige mangels der Verwirklichung des
Tatbestands nicht in Betracht.
Soweit das Behindern des Verkehrs durch Festkleben auf der Fahrbahn
selbst als Nötigung strafbar ist, wurde es in der Vergangenheit
bereits strafrechtlich verfolgt und wird dies voraussichtlich auch
bei einer erneuten Begehung. Insoweit ist die Herrin des Verfahrens
aber die Staatsanwaltschaft: die Strafverfolgung ist keine
städtische Angelegenheit.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez.Sebastian Zickler
Stadt Heilbronn
Rechtsamt
5.5.2023
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