An den Oberbürgermeister
der Stadt
Heilbronn
*
21.094 Baugebiet Klingenäcker
Antrag zu DS 289/2021, Rettungsgrabungen im Baugebiet
Klingenäcker
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Mergel,
wir beantragen:
die privaten Grundstücksbesitzer werden von der Finanzierung der
Rettungsgrabungsarbeiten ausgenommen.
Begründung:
bei der Bürgerversammlung in der Alten Kelter in Sontheim am 26.10.2021
wurde die Bürgerschaft umfangreich informiert. Dennoch kann das Argument
einiger betroffener Grundstückeigentümer, man sei vor der
Kaufentscheidung nicht vollumfänglich informiert worden, nicht einfach
vom Tisch gewischt werden.
Wir sind der Auffassung, dass es sich bei den nun erforderlichen
Rettungsgrabungen um ein Projekt von öffentlichem Interesse handelt. Aus
diesem Grund sind die Kosten von der öffentlichen Hand zu tragen. Dies
umso mehr, als – Zitat aus der Drucksache: „der tatsächliche Aufwand
wird erst nach Abschluss der Arbeiten bekannt sein, da bislang lediglich
nur Ergebnisse der o.g. Sondage vorliegen, die keine verbindliche
Aussage über die Gesamtfläche des Baugebietes ermöglicht.“
Die Stadt Heilbronn wird ohnehin durch Beauftragung der beiden Lose in
Vorleistung treten. Wir fordern die Verwaltung auf, nach Zuschüssen aus
Fördertöpfen zu suchen, um die Kosten für die Stadt zu reduzieren. Wir
sehen unter den geschilderten Umständen keinen Anlass, private
Grundstücksbesitzer mit öffentlichen Aufgaben zu belasten.
Mit freundlichen Grüßen
AfD-Fraktion:
Dr. Raphael Benner | Franziska
Gminder MdB | Dirk Schwientek | Michael Seher |
Alfred Dagenbach
Dies ist ein Antrag zur Behandlung gem. § 34 Abs. 1 Gemeindeordnung
in dem nach der Hauptsatzung zuständigen Gremium (erforderliches Quorum:
namens einer Fraktion oder 1/6 der Stadträtinnen/Stadträte)
Antwort
Antwort des Oberbürgermeisters
<...> vielen Dank für Ihren Antrag und Ihr Interesse an der Entwicklung
unseres wichtigen Erschließungsprojektes.
Die archäologischen Rettungsgrabungen, die vom Grundstückseigentümer
veranlasst werden, ergeben sich aus§ 6 DSchG. Dort heißt es: "Eigentümer
und Besitzer von Kulturdenkmalen haben diese im Rahmen des Zumutbaren zu
erhalten und pfleglich zu behandeln." Bei archäologischen Denkmalen
umfasst diese Pflicht in erster Linie die Erhaltung der Denkmalsubstanz
und des Befundzusammen-hangs an Ort und Stelle. Ist dies nicht möglich,
weil z. B. ein genehmigtes Bauvorhaben zur Zerstörung eines
Bodendenkmals führen wird, muss zumindest der Dokumentwert des
Kulturdenkmals als Teil derdenkmalrechtlichen Erhaltungspflicht durch
Ausgrabung und Bergung bzw. Dokumentation der Funde erhalten werden.
Für die grundsätzliche Erhaltungspflicht desjenigen, der Eigentümer
eines Kulturdenkmals ist, ist § 6 Denkmalschutzgesetz (DSchG) die
Rechtsgrundlage. § 7 Abs. l DSchG bestimmt zudem, dass die
Denkmalschutzbehörde Maßnahmen gegenüber Personen im Sinne der§§ 6, 7
und 9 Polizeigesetz anordnen kann. In erster Linie sind hier also
Verhaltens- und Zustandsstörer Adressat der Maßnahme.
Weiterhin bedarf die Zerstörung oder Beseitigung eines Kulturdenkmals
nach§ 8 Abs. 1 Nr. 1 DSchG einer Genehmigung bzw. in Zusammenhang mit
einer Baugenehmigung einer Zustimmung(§ 7 Abs. 3 DSchG) der
Denkmalschutzbehörde. Diese kann auch mit Bedingungen und Auflagen
verknüpft werden.
Sobald ein Grundstückseigentümer in den Boden eingreifen will, um
Baumaßnahmen auf dem eigenen Grundstück durchzuführen, würde er das
Bodendenkmal zerstören bzw. beseitigen. Dagegen müsste die
Denkmalschutzbehörde vorgehen, bzw. der Bauherr bräuchte eine
Genehmigung. Eine solche Genehmigung würde nur unter der Auflage
erteilt, dass das Denkmal vor seiner Zerstörung durch eine
Rettungsgrabung gesichert und dokumentiert wird. Die Kosten hierfür
trägt der Grundstückseigentümer als Verhaltensstörer, da ohne seine
Baumaßnahmen das Denkmal im Boden verbleiben könnte.
Dem öffentlichen Interesse im Sinne des Denkmalschutzes würde es
entsprechen, das Denkmal unverändert zu erhalten. Es ist also gerade
nicht die Vorzugslösung das Denkmal durch eine Rettungsgrabung zu
sichern und zu dokumentieren. Vielmehr handelt es sich dabei bereits um
die „Notlösung" in Abwägung der Belange des Denkmalschutzes und des
Eigentümers. Durch die Rettungsgrabung kann der Eigentümer das
Grundstück bebauen, obwohl dadurch ein Denkmal zerstört wird.
Es wird dadurch also gerade seinem privaten Interesse an der Bebauung
des Grundstücks nachgekommen. Eine Belastung eines „privaten
Grundstücksbesitzers mit öffentlichen Aufgaben" liegt nicht vor. Wer
wirtschaftlich aus einer Baugenehmigung Nutzen ziehen will, ist
finanziell für die Kosten zur Rettung dessen verantwortlich, was durch
seine Handlung in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Anwendung des
Veranlasserprinzips erfolgt dabei auf Grundlage des Europäischen
Übereinkommens zum Schutz des archäologischen Erbes vom 16. Januar 1992
und wurde in einer jüngeren Entscheidung auch vom Verwaltungsgericht
Stuttgart bestätigt.
Aus unserer Sicht muss bei einer Übernahme von Kosten im Wege einer
Freiwilligkeitsleistung bedacht werden, dass hier ein Präzedenzfall
geschaffen werden könnte. Es kommt immer wieder vor, dass auch andere
Sachverhalte, wie z.B. Altlasten, Erdfälle, sonstige schwierige
Untergrundverhältnisse eine Baumaßnahme verteuern. Eine Übernahme dieser
Kosten im Rahmen einer Freiwilligkeitsleistung begegnet insofern
rechtlichen Bedenken, als die Rechtslage im oben dargestellten Sinn klar
ist und auch in der Zukunft immer wieder Fälle auftreten können, bei
denen u.a. der Denkmalschutz geplanten Baumaßnahmen entgegensteht und
Grundstückseigentümer Kosten für Rettungsgrabungen etc. zu tragen haben
werden. Im Sinne der Gleichbehandlung müssten dann ebenfalls die Kosten
übernommen werden.
Eine Kostenübernahme durch die Stadt wird abgelehnt.
Es gibt kein Förderprogramm für archäologische Rettungsgrabungen. Das
Land Baden-Württemberg stellt Denkmaleigentümern Fördermittel für die
Unterhaltungspflicht und Pflege von Denkmälern zur Verfügung. In unserem
Fall zerstören wir Denkmalschutzsubstanzen, was keinen Fördertatbestand
darstellt.
Freundliche Grüße
Harry Mergel Oberbürgermeister
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