An den Oberbürgermeister
der Stadt
Heilbronn
*
21.028
Klingenäcker
Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister,
die Heilbronner
Stimme schreibt unter dem Titel "Weiter warten aufs Traumhaus" am
2.3.2021, S. 24:
„Im
Gespräch mit den Bauarbeitern haben wir zufällig erfahren, dass wohl
Rettungsgrabungen notwendig sind“, sagt die 38-Jährige. Diese führen
aber nicht nur zu der nochmaligen Zeitverzögerung, auch zusätzliche
Kosten für die Anwohner stehen im Raum. Das habe die Stadt auf Anruf
bestätigt. „Die Grabungen auf öffentlichem Gelände werden auf die
Anwohner umgelegt, die Grabungen auf privatem Gelände müssen von den
Eigentümern bezahlt werden“, hat Jasmin Schwarz erfahren.
Das Rathaus bestätigt dies. „Die Kosten werden auf alle Beteiligten
umgelegt. Die Stadt ist selbst mit etwa 50 Prozent dabei“, sagt
Wilfried Hajek. Der Baubürgermeister unterstreicht auch, dass die
Klingenäcker eine „schwierige Erschließungsmaßnahme“ sind. Mit dem
Landesdenkmalamt sei man in gutem Austausch. „Erst nach einem
abschließenden Bericht über die Sonderungsergebnisse können die
Erschließungsarbeiten ausgeschrieben werden".
I. Dazu wird um
Beantwortung folgender Fragen gebeten:
1. Welche
Stellungnahme gibt die Stadtverwaltung dazu ab;
2. treffen die
darin gemachten Aussagen zu, insbesondere
2.1 daß die
Beteiligten, also Eigentümer und Käufer der Grundstücke 50 % der
Grabungskosten übernehmen sollen;
2.2. auf welcher Grundlage
eine solche Abgabe erhoben werden soll;
3. im Falle, daß
diese Angaben zutreffend sind:
3.1 wann wurde den
Beteiligten diese möglichen Kosten mitgeteilt;
3.2 wurde die
Grundstückskäufer auf diese möglichen Kosten mitgeteilt;
3.3. in welcher
Höhe können Kosten auf die Beteiligten zukommen;
4. welche
Rücktrittsmöglichkeiten vom Kauf haben die Grundstückskäufer ggf,;
5. das
Vorhandensein von Merowingergräbern war der Stadtverwaltung und dem
Gemeinderat von Anfang an bekannt und der ursprüngliche BBauPl wurde
auch deshalb abgeändert, aber weiter verfolgt und Bedenken aus dem
Gemeinderat ignoriert, deshalb dazu:
5.1 wie ist der
zeitliche und räumliche Verlauf der Entwicklung der Grabungen;
5.2. ist mit einer
weiteren Ausdehnung der Grabungen zu rechnen und wenn ja, welche;
6. wann ist mit
einem Baubeginn zu rechnen;
7. wer ist für diese Entwicklung verantwortlich;
8. welche Ansprüche auf Entschädigung können welche Beteiligte erheben
und an wen.
II. Antrag
Sollten die Beteiligten ohne eigenes Verschulden, da das Baugebiet von
der Stadt Heilbronn geplant und ausgeführt wird, zur Kostenbeteiligung
herangezogen werden, wird beantragt, daß die Betroffenen von der
Stadt Heilbronn zu 100% entschädigt werden bzw. die Stadt Heilbronn
Sorge dafür trägt, daß dies aus Mitteln des Landes Baden-Württemberg
geschieht.
Im Rahmen einer nachhaltigen und
sparsamen Haushaltsführung und einer umweltfreundlichen Reduzierung des
Papierverbrauchs bitten wir um Abhilfe, Stellungnahme und Rückantwort
per zeit- und kostensparenden einfachem eMail.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
AfD-Fraktion:
Dr. Raphael Benner |
Franziska Gminder MdB |
Dirk Schwientek |
Michael Seher |
Alfred Dagenbach
<*> Ihre
Anfrage vom 30. 11.20, 03.03.21 [...]
Um die Bestimmungen des Bebauungsplans 46/15 u.a. im Hinweisteil Punkt 5
zu erfüllen, wurden
durch das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) vom 03.11. bis 17. 12.2020
archäologische Voruntersuchungen im Baugebiet Klingenäcker in
Heilbronn-Sontheim auf Kosten der Stadt durchgeführt.
Hierbei wurde das gesamte Gebiet unabhängig der Gebietsstruktur
sondiert.
Die Grundstückseigentümer wurden am
27. 10.2020 im Vorfeld dieser Untersuchung darüber in Kenntnis gesetzt.
Diese Bodeneingriffe konnten erst eingeleitet werden, nachdem die
Voraussetzungen (u.a. im Artenschutz) im Oktober 2020 vorlagen.
Die Auswertung der Untersuchung liegt der Stadt seit dem 29. 01.2021
vor.
Nach Lage der Dinge wurden
umfangreiche archäologische Befunde gemacht, die als Kulturdenkmale
gemäß §2 Denkmalschutzgesetz (DSchG) gelten und der Erhaltungspflicht
nach §6 DSchG unterfallen.
Etwa bei der Hälfte des Baugebietes
wurden Denkmalsubstanzen nachgewiesen.
Der Norden ist dabei stärker als der
südliche Bereich betroffen.
Um dem öffentlichen Erhaltungsinteresse zu genügen und das Bauvorhaben
dennoch zu ermöglichen, bedarf es daher zum Erhalt des Dokumentowerts
der zu erwartenden Funde für künftige Generationen vor Beginn der
Baumaßnahme einer archäologischen Rettungsgrabung unter Leitung des LAD.
Die Erschließung sowie die Bebauung mit vielfältigen und tief reichenden
Bodeneingriffen würde
zur unwiederbringlichen Zerstörung geschützter Denkmalsubstanz führen.
Bautätigkeiten in den Fundbereichen
ohne vorherige Rettungsgrabungen sind gemäß § 8 DSchG strikt untersagt.
Die Erschließungsmaßnahmen mit Straßen- und Leitungsbau sind erst nach
Durchführung der Rettungsgrabungen möglich.
Dadurch wird sich der ursprünglich
vorgesehene Baubeginn bedauerlicherweise verzögern.
Die Stadt hat beim LAD indrücklich
darauf hingewirkt, den Umfang der Rettungsgrabungen
noch einmal intensiv zu überprüfen und auf das Mindestmaß zu
beschränken.
Hierzu wird es zeitnah einen Abstimmungstermin geben.
Weiteres Vorgehen, Perspektive
Die Verwaltung hat zwischenzeitlich eine Leistungsbeschreibun bzw.
-Verzeichnis für eine Ausschreibung der Rettungsgrabungen vom LAD
erhalten.
Die zu beauftragenden
Grabungsbaufirmen würden die Fundbereiche komplett freilegen und
dokumentieren die Befunde.
Der tatsächliche Aufwand wird sich
erst herausstellen, nachdem das Baugebiet komplett freigelegt ist.
Nach Aussage des Regierungspräsidiums
Stuttgart können diese kostenintensiven Maßnahmen erfahrungsgemäß ab
Beginn bis zu einem Jahr andauern.
Eine konkrete Aussage, welche Zeit
die Rettungsgrabungen in Anspruch nehmen werden, ist zum gegenwärtigen
Zeitpunkt nicht möglich.
Das LAD strebt im Sinne von Zeit- und Kostenersparnis an, die
Rettungsgrabungen für die gesamte
Fläche in einem Zuge durchzuführen.
Für jene Rettungsgrabungen ist jeder
Eigentümer auf seinem Grundstück selbst verantwortlich.
Die anteiligen Kosten sind daher von
jedem Eigentümer zu tragen.
Grabungen können auf den betroffenen Grundstücken ohne Einwilligung der
Eigentümer nicht
beauftragt werden.
Die Stadt hat alle Eigentümer
angeschrieben und wirbt um eine Beteiligung an einer gemeinsamen
Ausschreibung.
Das Amt für Straßenwesen bietet an
die Ausschreibung der Rettungsgrabungen zu koordinieren, durchzuführen
und die Betreuung der Baumaßnahme für alle Beteiligten
zu übernehmen.
Die für die Maßnahme anfallenden
Kosten sollen prozentual gemäß Anteil der betroffenen Grundstücksfläche
umgelegt werden.
Hierfür sind vor der
Ausschreibung Vereinbarungen zwischen dem jeweiligen Eigentümer und der
Stadt zu schließen.
Die Stadt Heilbronn möchte dabei in
Vorleistung gehen und die Leistungen anschließend zusammen mit den
Erschließungsbeiträgen in Rechnung stellen.
Die Kosten können seitens des LAD
näherungsweise nur sehr grob geschätzt und zum jetzigen Zeitpunkt nicht
genau beziffert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Christiane Ehrhardt
Amtsleitung
Replik
[...] vielen Dank für die Nachricht.
Tatsächlich ist bei uns eine Antwort
bereits eingegangen, die - wie übersehen - sowohl die Antwort auf eine
damals längst überfällige Anfrage vom
30.11.2020
"Klingenäcker"
als auch
auf die nun reklamierte Anfrage vom
3.3.2021 "Klingenäcker"
enthalten haben soll.
Diese Antwort enthält aber lediglich eine
Stellungnahme zur Anfrage vom
30.11.2020 "Klingenäcker"
und nicht auf die
in der Anfrage vom
3.3.2021 "Klingenäcker"
genannten Einzelpunkte, was wohl zur
falschen Annahme geführt hat, die daher aber nach wie vor unbeantwortet
sind.
Wir bitten daher erneut um die
Beantwortung der in der Anfrage vom
3.3.2021
gestellten Fragen.
Mit
freundlichen Grüßen [...]
<*> ergänzend
zu unserem Sachstandsbericht vom 11.03.2021, möchten wir Ihre gestellten
Fragen wie gewünscht noch weiterführend beantworten:
zu 1.) "Welche Stellungnahme gibt die Stadtverwaltung dazu ab."
Die Stellungnahme ist dem Schreiben vom 11.03.2021 und ergänzend der zur
Verfügung gestellten Bekanntmachungen sowie den Präsentationen der
Eigentümerinformationsveranstaltung vom
05.05.2021 zu entnehmen.
zu 2.) "Treffen die darin gemachten Aussagen zu - insbesondere, daß
die Beteiligten, also Eigentümer und Käufer der Grundstücke 50 % der
Grabungskosten übernehmen sollen
- auf welcher Grundlage eine solche Abgabe erhoben werden soll. "
Entsprechend der Eigentumsverhältnisse erfolgt die Verteilung der
Rettungsgrabungskosten innerÂ
halb des Baugebietes. Das Areal ist ca. 7,5 ha groß, wovon sich ungefähr
3,1 ha, somit ca. 50 % in privatem Eigentum befinden. Die
Kostentragungspflicht für archäologische Rettungsgrabungen ergibt sich
aus § 6 des Denkmalschutzgesetzesvon Baden-Württemberg (DSchG). Die
Anwendung des Veranlasserprinzips erfolgt dabei auf Grundlage des
Europäischen Übereinkommens zum Schutz des archäologischen Erbes vom 16.
Januar 1992 und wurde in einer jüngeren Entscheidung vom
Verwaltungsgericht Stuttgart bestätigt. Bei unvermeidbaren Überplanungen
und damit einhergehend die Beteiligung an den Kosten für
Rettungsgrabungen liegt im ureigenen
Interesse eines jeden Investors und Bauherren.
Zu 3.) "im Falle, daß diese Angaben zutreffend sind:
- wann wurde den Beteiligten diese möglichen Kosten mitgeteilt;
- wurden die Grundstückskäufer auf diese möglichen Kosten hingewiesen;
- in welcher Höhe können Kosten auf die Beteiligten zukommen."
Grundlegend ist bereits während der Bauleitplanung und dem
rechtskräftigem, öffentlich zugängliÂ
chen Bebauungsplans 46/15 u.a. im Hinweisteil Punkt 5 auf mögliche
Rettungsgrabungen hingewieÂ
sen worden. Der tatsächliche Nachweis bzw. Befund und das Ausmaß dieser
Notwendigkeit war erst nach der archäologischen Voruntersuchung
offenkundig.
Die finanzielle und zeitliche Gesamtaufwendungjener Grabungen ist ein
kalkulatorischer Schätzwert,
der auf den Erfahrungen des Landesamtes für Denkmalpflege basiert. Es
können keine gesicherten
Angaben zu den möglichen Kosten durch die Stadt als Erschließungsträger
kommuniziert werden, da die Beauftragung und jene Abrechnung mit einer
Grabungsfirma nach tatsächlichem Aufwand erfolgt, der sich vorab nicht
im Detail definieren lässt. Wir gehen aktuell von einer Kostenprognose
von ca. 20 € pro m2 Eigentumsfläche aus. Die Stadt ebenfalls als
Eigentümervon 3,4 ha muss auch Mehrkosten einkalkulieren, die zum Teil
durch die Erschließungsbeiträge beglichen werden. Von der Stadt wurden
noch keine Grundstücke verkauft. Ob hinsichtlich der privaten
Grundstücksverkehre auf
diese Tatsachen hingewiesen wurde, entzieht sich unserer Kenntnis.
zu 4.) "welche Rücktrittsmöglichkeiten vom Kauf haben die
Grundstückskäufer ggf,"
Die Stadt wird ihre eigenen Baugrundstücke erst vollerschlossen und
lastenfrei verkaufen. Die derzeiÂ
tigen privaten Grundstückseigentümer können zu jederzeit ihre
Grundstücke zum Verkauf anbieten.
zu 5.) "das Vorhandensein von Merowingergräbern war der
Stadtverwaltung und dem GemeindeÂ
rat von Anfang an bekannt und der ursprüngliche BBauPI wurde auch
deshalb abgeändert,
aber weiterverfolgt und Bedenken aus dem Gemeinderat ignoriert, deshalb
dazu:
- wie ist der zeitliche und räumliche Verlauf der Entwicklung der
Grabungen;
- ist mit einer weiteren Ausdehnung der Grabungen zu rechnen und wenn
ja, welche. "
Das Vorhandensein von Gräbern in den Klingenäckern war der
Stadtverwaltung nicht bekannt, ledigÂ
lich die Viereck-Schanze, die als unüberwindbares Planungshindernis aus
dem Geltungsbereich des
Bebauungsplanes herausgenommen wurde. Bei den Voruntersuchungen wurde im
8 m Raster des
Vorhandenseins von Denkmalsubstanzen in 2 m breiten Schürfen geprüft und
das Baugebiet im Ergebnis nachweislich als Kulturdenkmal in Gänze
bestätigt. Weitere Ausdehnungen der Grabungen
sind nicht zu erwarten, da das gesamte Baugebiet betroffen ist und nach
Abschluss der Arbeiten frei
von Archäologie sein wird. Hierzu wird das Gebiet in zwei Bereiche
unterteilt und in Fachlosen ausge
schrieben. Unterschiedliche Zeitinanspruchnahmen bei Parallelarbeiten
ermöglichen es jedoch, dass
evtl. bereits nach einem halben Jahr die ebenfalls gesplitteten
Erschließungsarbeiten folgen können.
zu 6.) "wann ist mit einem Baubeginn zu rechnen"
Je nach Fortschritt der Rettungsgrabungen in Abhängigkeit der Funde ist
evtl. ein Baubeginn der Erschließungsarbeiten noch in 2021 möglich.
zu 7.) "wer ist für diese Entwicklung verantwortlich"
Die Verwaltung hat mit dem Flächennutzungsplan und der damit verbundenen
Ausweisung als Baugebiet, die Erschließung der Klingenäcker projektiert.
Trotz der Hürden im Bebauungsplanverfahren (Umweltgesetzesänderungen,
umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen und deren Flächenbeschaffungen,
Luftschutzstollenerkundung & Verfüllung, notwendige Konzeptänderungen)
wurde die Entwicklung - gemäß der Aufgabenstellung des Gemeinderates -
vorangetrieben. Die derzeitigen Entwicklungen sind die Ergebnisse der
auferlegten Vorschriften und Gesetze, die zur Erschließung des
Baugebietes
verantwortungsvoll zu beachten sind.
zu 8.) "zu welche Ansprüche auf Entschädigung können welche
Beteiligte erheben und an wen."
Ansprüche auf Entschädigung bestehen nicht. Der Grund und Boden hat
zudem aufgrund der Nutzungsänderungen eine erhebliche Wertsteigerung
erfahren.
Mit freundlichen Grüßen
Christiane Ehrhardt
Amtsleitung
Amt für Straßenwesen
LeserFORUM:
Ihre Meinung dazu
(bitte mit angeben, auf welchen Beitrag sich Ihre Meinung bezieht)
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