An die Stadtverwaltung
Heilbronn
* 18.057
Wohnungsnot
Sehr geehrte Damen
und Herren,
die Gemeinderatsfraktionen entdecken u.a. laut Heilbronner Stimme vom
9.7.2018, S. 25, wieder einmal die Mängel in der Wohnbaupolitik.
Dem Bericht
zufolge gibt es bei der "Stabsstelle Stadtentwicklung" keine
"belastbaren Zahlen" darüber, wie viele Wohnungen fehlen bzw. wie groß
die Wohnungsnot in Heilbronn ist.
Dagegen "kommen
Neubauprojekte" nicht voran und Projekte werden "zurückgestellt, weil
die Rendite inzwischen zu gering" sei.
Mehreren Schreiben
eines bauwilligen Bürgers zufolge (per eMail vom 26.6.2018, 4.7.2018 und
10.7.2018), die auch der Stadtverwaltung vorliegen, schlagen die
Ausweisung eines Baugebietes im Gewann "Breite" östlich der
Hegelmaierstraße vor.
Laut einem der
Stadtverwaltung ebenfalls vorliegenden Schreibens vom 28.6.2017 des
Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau wird die Ausweisung
neuer Wohnbauflächen dringend benötigt.
Die
Stadtverwaltung scheint aber bisher wenig geneigt zu sein, dem Vorschlag
zu folgen, wiewohl das Areal auch aufgrund seines Zustandes als weniger
wertvoll für die Naherholung anzusehen ist, als beispielsweise das von
ihr bevorzugte Projekt "Klingenäcker" und auch Veränderungen im Status
der Ausweisung in Heilbronn nicht unbekannt sind, sofern dazu der Wille
vorliegt.
Wir fragen daher die Stadtverwaltung:
1. Plant sie Baugebiete ohne Bedarfszahlen "ins
Blaue hinein";
1.0 trifft es zu,
daß es bei ihr keine "belastbaren Zahlen" darüber gibt, wie viele
Wohnungen fehlen bzw. wie groß die Wohnungsnot in Heilbronn ist;
1.1. wenn JA,
weshalb wurde eine solche Erhebung unterlassen und weshalb liegen solche
für die Stadtentwicklung grundlegenden Zahlen nicht vor;
1.2. wenn NEIN,
wie lauten die jeweiligen Zahlen;
2. weshalb wird
dem Vorschlag des betr. Heilbronner Bürgers in Sachen Bebauung des
Areals 'Breite' nicht nachgegangen wiewohl Änderungen im Status durch
den Gemeinderat durchaus möglich sind;
2.0. unter welchen
Voraussetzungen wird sie an dieser Stelle einen Bebauungsplan
entwickeln;
2.1. ist sie
dagegen bereits dabei, dem Vorschlag zu folgen und in welchem Stadium
befänden sich dann dieses Vorhaben derzeit;
3. gibt es
ähnliche Vorschläge anderer Heilbronner Bürger zur Behebung des
dringenden Bedarfs an Wohnraum und welche?
Im Rahmen einer nachhaltigen und sparsamen
Haushaltsführung und einer umweltfreundlichen Reduzierung des
Papierverbrauchs bitten wir um Stellungnahme und Rückantwort per zeit-
und kostensparenden einfachem eMail.
Mit freundlichen Grüßen
Bürgerbewegung
PRO Heilbronn
Alfred Dagenbach
Stadtrat |
|
<*> zu
Ihrer Anfrage vom 10. Juli 2018:
1. Plant die Stadtverwaltung Baugebiete ohne
Bedarfszahlen "ins Blaue hinein"?
Die Stadtverwaltung verfügt über gesicherte
Grundlagen und fundierte Berechnungen zur Ausweisung von Baugebieten.
So hat die Stadtverwaltung in der
Gemeinderatsdrucksache 139/2016 u.a. die aktuelle
Wohnungsbedarfsprognose veröffentlicht, Diese Wohnungsbedarfsprognose
wurde im Rahmen des
Handlungsprogramms "Wohnen in Heilbronn" neu
gerechnet und ist eine Grundlage bei der Bedarfsplanung von
Neubaugebieten.
Mit der Gemeinderatsdrucksache 337/2016 wurde
die Fortschreibung der Prioritätenliste Wohnbauflächenentwicklung 2016 -
2030 beschlossen. Diese Fortschreibung beruht auf der oberen Variante
der Wohnungsbedarfsprognose.
Jährliche Begehungen der ausgewiesenen
Neubaugebiete zur Erfassung des Besiedlungsfortschritts sind eine
weitere Grundlage zur Entscheidung, wann weitere Baugebiete erschlossen
werden.
1.1. Trifft es zu, dass es bei der
Stadtverwaltung keine "belastbaren Zahlen" darüber gibt, wie viele
Wohnungen fehlen bzw. wie groß die Wohnungsnot
in Heilbronn ist?
1.2. Wenn ja, weshalb wurde eine solche
Erhebung unterlassen und weshalb liegen solche für die
Stadtentwicklung grundlegenden Zahlen nicht
vor?
Eine stichtagsbezogene Aussage zur Wohnungsnot
in Heilbronn ist nicht möglich, da eine zentrale Erfassung aller
Wohnungssuchenden nicht erfolgen kann. Zudem ist der Begriff
"Wohnungsnot" nicht wissenschaftlich deflnlert. Wenn nicht jeder
Nachfrager dort eine Wohnung in Heilbronn zu einer niedrigen Miete
findet, wo viele Nachfrager am liebsten leben möchten, ist das noch kein
Hinweis auf eine bestehende Wohnungsnot.
Geht man aber davon aus, dass damit ein Mangel
an Wohnraum wegen zu ho her Nachfrage gemeint ist, dann weisen einige
Wohnungsmarkt relevante Indikatoren auf eine Anspannung des
Heilbronner Wohnungsmarkts hin.
Mit dem Schreiben vom 10. Juni 2015 hat das
Land Baden-Württemberg der Stadt Heilbronn einen angespannten
Wohnungsmarkt attestiert und daraufhin für die Stadt Heilbronn die
Kappungsgrenze[1] ab dem 1. Juli 2015 sowie die Mletpreisbrernse[2] ab
dem 1. November 2015 eingeführt.
1.3. Wenn nein, wie lauten die jeweiligen
Zahlen?
In der oben genannten Wohnungsbedarfsprognose
werden allen Rahmenbedingungen und AnÂ
nahmen beschrieben, die für das Jahr 2018
einen Wohnungsbedarf von insgesamt 740 Wohnungen in der oberen Variante
und 600 Wohnungen in der unteren Variante ausweist.
In der Prioritätenliste werden bis zum
Planungshorizont 2030 insgesamt 9.070 Wohneinheiten der
oberen Variante der Wohnungsbedarfsprognose
dargestellt.
Mit dem Handlungsprogramm "Wohnen in
Heilbronn" wurden wichtige Impulse gesetzt, um weitere Wohnungen auf den
Markt zu bringen. In 2017 wurde mit einer Baufertigstellung von
insgesamt 314 Wohnungen 80 % der im Handlungsprogramm "Wohnen in
Heilbronn" avisierten Wohneinheiten (395 WE) erreicht. Hier stehen
alleine für 2016 und 2017 noch rund 950 genehmigte Wohnungen zur
Fertigstellung an.
In 2017 wurde eine historisch hohe Zahl an
Baugenehmigungen für insgesamt 999 Wohnungen
erteilt. Das ist die höchste Zahl an
genehmigten Wohnungen seit 1990.
Die Umsetzung des großen Potenzials an
genehmigten Wohnungen, für deren Realisierung keine
weiteren kommunalen Maßnahmen erforderlich
sind, kann kurzfristig erfolgen. In den kommenden Jahren werden die
Fertigstellungszahlen mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich über den
Zielen des Handlungsprogramms liegen.
2. Weshalb wird dem Vorschlag des betr.
Heilbronner Bürgers in Sachen Bebauung des Areals
"Breite" nicht nachgegangen wiewohl Änderungen
im Status durch den Gemeinderat durchaus möglich sind?
Seit Jahren wird von dem
betroffenen Bürger versucht, eine Bebauung seines Grundstückes mit einem
Einfamilienhaus zu erreichen. Das betreffende Grundstück befindet sich
im Außenbereich gemäß § 35 BauGB und zudem im Landschaftsschutzgebiet.
Eine entsprechende Bebauung ist daher nicht möglich.
2.1. Unter welchen Voraussetzungen wird die
Stadtverwaltung an dieser Stelle einen Bebauungsplan
entwickeln?
Auch die Aufstellung eines Bebauungsplanes ist
wegen der geltenden Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht möglich.
Selbst eine Petition des betroffenen Bürgers blieb, auf Grund der
rechtlichen Gegebenheiten .• erfolglos.
Aus Sicht der Verwaltung ist die Aufstellung
eines Bebauungsplans in diesem Bereich weder möglich (Voraussetzung wäre
die Aufhebung des Landschaftsschutzgebietes) noch städtebaulich
sinnvoll, da allenfalls nur ein paar wenige
Einfamilienhäuser denkbar wären; dies trägt allerdings
nicht substantiell zur Behebung der
angesprochenen Wohnungsknappheit bei, da insbesondere
(bezahlbare) Mietwohnungen im
Geschosswohnungsbau fehlen.
2.2. Ist die Stadtverwaltung dagegen bereits
dabei, dem Vorschlag zu folgen und in welchem Stadium befänden sich dann
dieses Vorhaben derzeit?
Aus den vorgenannten Gründen (s. Ziffer 2.1)
beabsichtigt die Verwaltung nicht, im Gewann
Breite einen Bebauungsplan aufzustellen.
3. Gibt es ähnliche Vorschläge anderer
Heilbronner Bürger zur Behebung des dringenden Bedarfs an
Wohnraum und welche?
Vergleichbare Vorschläge anderer Bürger gab es
in den letzten Jahren nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Harry Mergel
Oberbürgermeister
[1] Kappungsgrenzenverordnung
Baden-Württemberg (KappVO BW), 09.06.2015, GBI. 2015, S. 346 (insgesamt
44 Kommunen)
[2] Mietpreisbegrenzungsverordnung
Baden-Württemberg (MietBgVO BW), 29.09.2015, GBI. 2015, S. 852
(insgesamt 68 Kommunen)
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